StartseiteMagazinKolumnenWer regiert? Die Alten oder die Jungen?

Wer regiert? Die Alten oder die Jungen?

Oder ist es der Protest auf der Strasse?

 

Die Wahl- und Abstimmungsanalysen bringen es jeweils an den Tag: Die Menschen über 60 Jahren sind die fleissigsten Urnengängerinnen und Urnengänger in der Schweiz. Sie haben es an sich in der Hand, zu bestimmen, was sein soll und was nicht, wer gewählt werden soll und wer nicht. Interessant ist dann aber jeweils, dass so unterschiedlich gar nicht abgestimmt und gewählt wird. Also spielt es gar nicht so eine Rolle, wie sich das Stimmvolk zusammensetzt, jung oder alt, reich oder arm, urban oder ländlich.

 

Weit wichtiger ist die Stimmungslage, ist die politische Grosswetterlage, sind die Themen, die Menschen bewegen, sind die Fragen, die die Menschen auf die Strasse treiben. All die grossen Revolutionen der Geschichte nahmen ihren Anlauf auf der Strasse, in Frankreich 1788 bis 1798, in Russland 1918, selbst der Faschismus in Deutschland und Italien ab 1933, die 68-Bewegung in den 60iger Jahren in den USA und Europa, selbst in der Schweiz, 1979 in der Bundesrepublik Deutschland gegen den Nato-Doppelbeschluss, in der ehemaligen DDR gegen die Sozialistische Einheitspartei, die SED, 1989, die „Orange Revolution“ in der Ukraine 2004, der Arabische Frühling, der 2010 in Ägypten, in Tunesien auf den Strassen ihren Anfang nahm. In Frankreich sind es seit dem letzten Herbst die „Gelben Westen“, die unter anderem gegen die erhöhten Dieselpreise Samstag für Samstag auf die Strasse gehen, Läden demolieren, Häuser anzünden. In Stuttgart sind es Facharbeiter, die für ihre Dieselautos Strassen sperren.  Und jetzt gehen Tausende in Europa an die Demonstrationszüge gegen die geplante Reform des europäischen Urheberrechts, gegen das Beschneiden der Rechte aller auf dem Internet.

 

Und nun ganz gross und weltweit: der Schülerprotest, die „Fridays for Future-Bewegung“, die von der schwedischen Schülerin GretaThunberg(16)ausging und nun zum Schrecken vieler Pädagogen und zum Entsetzen vor allem rechter Politiker beinahe die ganze Welt erfasst. Die jungen Menschen wollen jetzt und nicht später die Umwelt schützen. Sie halten ihren Eltern die gelbe Karte vor das Gesicht und den Verantwortlichen in der hohen Politik gar die rote hin. Sie ziehen Bilanz und stellen fest, die Verantwortlichen in der Politik haben wider besseres Wissen nicht das getan, das sie hätten tun müssen.

 

Viele der Angesprochenen weichen aus, machen es sich leicht, gar zu leicht. Sie nehmen die jungen Menschen nicht ernst, mahnen sie, dass sie selber tun sollten, was sie von allen anderen verlangen. Sie sollen vor allem eines nicht: streiken. Sie heben den Warnfinger und sind zuversichtlich, dass der Protest verebben wird, wie schon viele Protestbewegungen zuvor. Andere, wie Roger Köppel, disqualifizieren die jungen Menschen gar, nennen sie „ferngesteuerte Kindersoldaten“ der Grünen und Linken.

 

Doch weit gefehlt. Bereits bei den letzten Wahlen straften die Wählerinnen und Wähler die Parteien ab, die sich nicht bewegen wollen, denen es genügt, die Protestbewegung zu verunglimpfen. Sie werden sich wundern, auch wenn die Protestmärsche gegen den Sommer hin markant abflauen werden, sie werden nicht so schnell in Vergessenheit geraten. Die jungen Menschen sind weit politischer geworden, sie haben verstanden, wer sie nicht verstanden hat und nicht verstehen will.

 

Was auf der Strasse begann, wird, wie immer in der Geschichte, auch seine Fortsetzung in der Politik erfahren. Und ganz wichtig: In der direkten Demokratie geht die Macht vom Volke aus. Und Ironie des Schicksals ist es, dass es die rechten Volksparteien sind, die jetzt den Protest der Jungen als lästig empfinden. Was sie lautstark hochhalten, hat sie jetzt eingeholt: Die jungen Menschen nehmen in die Hand, was beispielsweise die SVP für sich in Anspruch nimmt, aber auch allen Bürgerinnen und Bürgern in der Schweiz verspricht: Freiheit, Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, direkte Demokratie. Mit diesen Instrumenten der Demokratie wollen die protestierenden Schülerinnen und Schüler erreichen, was uns bislang misslang: den Schutz der Umwelt, aber subito. Die jungen Menschen sind so der Politik voraus. Und sie wissen aus dem Geschichtsunterricht: Grosse Veränderungen nahmen ihren Anfang immer auf der Strasse.

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