StartseiteMagazinGesellschaftWertschätzung für Tiere und Pflanzen

Wertschätzung für Tiere und Pflanzen

«Was Erbsen hören und wofür Kühe um die Wette laufen» – dieser Titel soll verblüffen, denn auch der Inhalt dieses Buches bringt uns Lesende zum Staunen.

Über mangelnde Aktualität können wir uns beim vorliegenden Buch von Florianne Koechlin und Denise Battaglia nicht beklagen: Demnächst stimmen wir darüber ab, ob Bauern für Kühe, die ihre Hörner behalten dürfen, einen Zuschuss erhalten. Florianne Koechlin spricht darüber mit dem Initianten dieser Initiative – aber sie führt auch Gespräche über viele erstaunliche Forschungsergebnisse.

Wir lesen zum Beispiel, dass Erbsen mit ihren Zellen wahrnehmen, wo rauschendes Wasser zu finden ist. Als «Hören» können wir diese Wahrnehmungsart schlecht bezeichnen, denn Ohren haben Erbsensprösslinge selbstverständlich nicht, trotzdem besitzen ihre Zellen die Fähigkeit, den Ort zu erkennen, an dem das lebensnotwendige Element fliesst, und ihre Wurzeln dahin zu richten. Dies erklärt uns die Autorin zusammen mit ihrer Interviewpartnerin, einer australischen Forscherin.

In den letzten Jahren verbreiten immer mehr Medien neue Erkenntnisse aus den Wissenschaften, allerdings meistens so kurz, dass es schwierig ist, den Zusammenhang zu verstehen oder das Neue einordnen zu können. Diesem Buch mangelt es nicht an Verständlichkeit, die beiden Autorinnen haben sich schon in früheren Publikationen durch spannende Präsentationen und Klarheit in der Sprache ausgezeichnet.

Es geht grundsätzlich darum, was zu einer nachhaltigen, umweltschonenden Lebenshaltung gehört. Der Landwirtschaft – dem biologischen Landbau im Unterschied zum «industriellen» – wird dabei gebührend Raum gegeben, aber es geht um viel mehr: Um unsere gesamte Einstellung zu unseren Ressourcen, besonders zur Pflanzen- und Tierwelt, nicht nur in der Schweiz oder in Mitteleuropa. Auch über Fleischverzehr oder vegetarische Ernährung wird diskutiert, und zwar kontrovers.

Überzeugte Kämpferin gegen Gentech-Lebensmittel

Die beiden Autorinnen sind mit der Materie seit langem vertraut. Die Initiative zum Gentech-Moratorium, das auch heute noch gilt, machte Florianne Koechlin, geboren 1948, schweizweit bekannt, denn sie setzte sich tatkräftig für diese Initiative ein. Sie hat Biologie und Chemie studiert und arbeitet seitdem als Journalistin, mit dem Ziel, dem biologischen Landbau zum Durchbruch zu verhelfen. Verschiedene Bücher und zahlreiche Artikel von ihr sind bisher erschienen. Als Geschäftsführerin des Blauen-Instituts beschäftigt sie sich seit Jahren mit praktikablen Alternativen und Erweiterungen zum bestehenden, allzu einseitigen Wissenschaftsverständnis. Sie ist Stiftungsrätin der Zukunftsstiftung Landwirtschaft und der Swissaid und war Mitglied der Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie.

Denise Battaglia, 1971 geboren, studierte Philosophie und Pädagogik, arbeitet als freie Journalistin und Ethikdozentin.

Über die Bedeutung der Hörner für Kühe haben alle, die sich ernsthaft mit der anstehenden Abstimmung beschäftigt haben, zahlreiche Informationen lesen können. Florianne Koechlin unterhält sich nicht nur mit dem Initianten Armin Capaul, sie lenkt unseren Blick auch auf ein anderes Phänomen: Kühe fressen nämlich längst nicht alle Kräuter, die vor ihrem Maul wachsen. Gemeinsam mit Florian Leiber, dem Leiter des Forschungsinstituts für biologischen Landbau, besucht sie eine Alp in Graubünden und erfährt dort viel darüber, wie individuell Kühe ihr Futter auswählen und welche Schlüsse sich daraus ziehen lassen. Sie spricht auch über die neue Entdeckung, dass nämlich Alpkäse oder das Fleisch von Alplämmern einen unerwartet hohen Anteil an ungesättigten Omega-3-Fettsäuren enthält.

Von den Schweizer Bergen bis nach Korea

Bei aller Fachsimpelei – die Autorinnen legen Wert auf korrekte Darstellung der Fakten – langweilen wir uns nie, denn Koechlin beschreibt nicht nur die schöne Landschaft, sondern erzählt auch, wie Florian Leiber über Umwege zu seinem Forschungsgebiet gekommen ist. Das zeichnet dieses Buch aus: Jedes Kapitel ist in sich geschlossen; wir lernen Neues und erkennen Zusammenhänge. Das gilt ebenso für den Anbau von Baumwolle in Indien wie für die Gründung einer Genossenschaft für einheimische, biologisch gewachsene Lebensmittel in Südkorea, in der Bauern und Verbraucher sich zusammengeschlossen haben – ein Erfolgsmodell mit Grenzen.

«Alles wandelt sich, nichts geht unter»

Das Herzstück, in die Mitte des Buches platziert, drückt aus, was wir als Florianne Koechlins innerste Überzeugung bezeichnen könnten. Ausgehend von denMetamorphosen des römischen Dichters Ovid entwickelt die Autorin ihre Ideen darüber, wie alles Lebendige mit allem in Beziehung steht, wie alles sich verwandelt, ganz gleich ob es sich um Pflanzen, Tiere oder Menschen handelt. So wie wir Menschen, aber auch Tiere die Fähigkeit besitzen zu lernen, so können auch Pflanzen aus Erfahrungen lernen und sich erinnern, schreibt Koechlin – sie sieht sich mit dieser Ansicht nicht allein. Daraus folgt, dass wir allem Leben, nicht nur unseren Mitmenschen, nicht nur den Tieren, sondern auch den Pflanzen Achtung entgegenbringen sollten. Sie sind nicht nur passive Objekte unserer Interessen und Bedürfnisse. Dieses Kapitel ist mit einer ganzen Serie kleiner Malereien illustriert, der anderen Leidenschaft der Autorin, die dem gesamten Buch eine poetische Note hinzufügen.

Ein Buch für Menschen mit einem offenen Geist, ihr Horizont wird sich durch die Lektüre noch erweitern.

Florianne Koechlin / Denise Battaglia:  Was Erbsen hören und wofür Kühe um die Wette laufen. Verblüffendes aus der Pflanzen- und Tierwelt. Lenos Verlag 2018. 263 Seiten.
ISBN 978-3-85787-490-1

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