StartseiteMagazinKulturZu Besuch bei Elsbeth Rüedi

Zu Besuch bei Elsbeth Rüedi

Ausser Pfeifen, Trommeln, Guggen und Waggiswagen gibt es fast unbemerkt eine sich ständig erneuernde, kreative Fasnacht in Basel. Ein Beispiel

Dass es an der Basler Fasnacht Cliquen gibt, dass Guggen mitunter laut schränzen und den Schyssddräggzygli fast den Garaus machen, dürfte aus Radio und Fernsehen oder auch aus eigener Anschauung bekannt sein. Aber kennen Sie das Basler Fasnachts Orchester BFO? Es hat als Formation schon etliche Fasnachten durchgestanden, aber wer es hören möchte, muss seine Ohren auf Feinheiten und musikalische Leckerbissen einstellen, Schränzer und Schrillpfeifer meiden.

 

Das Basler Fasnachtsorchester beim Konzert, in den Arrangements gibt es auch Raum für Solisten.

 

Unvermittelt erlebte ich das BFO am Fasnachtsdienstag 2018, als ich mir in einer Piccolo-Putz-Pause auf dem Münsterhügel die Laternen anschauen wollte. Im schwarzen Gewand mit schwarzweissen Gesichtern (pardon Larven) – standen die Blech- und Holzbläser, Handörgeler, Schlagwerker und, ja, auch Piccoloflötisten um den Dirigenten, der, ein grosses Tenorhorn umgehängt, das Stück „Forelle/Haifisch“ dirigierte – Franz Schubert kombiniert mit der Dreigroschen-Oper und arrangiert für rund zwanzig unterschiedliche Instrumente; eine jener absurden Begebenheiten, die abseits aller Routine und aller Freude das ganz besondere Fasnachtsglück ausmachen.
Einst in der Jazzband
Diesmal ist mir rechtzeitig vor der Fasnacht ein Flyer zugeflogen, der die Zeiten nennt, wann das besondere Orchester 2019 wo seine Auftritte haben wird. Und ich wollte mehr wissen. Die Mitteilung kam von einer Freundin aus Jugendjahren – wir wurden im selben Jahr maturae, übten in Kellern mit einer Blues- und Swingband – sie als Sängerin mit grossem Einfühlungsvermögen, ich als Gitarristin mit begrenztem Engagement. Ab und zu kreuzten sich unsere Wege auch in den folgenden Jahrzehnten. Und nun durfte ich zu Elsbeth Rüedi auf Besuch.

 

Das Es-Horn ist zwar etwas kleiner und leichter als das Euphonium, aber gewiss nicht weniger anspruchsvoll.

In der unübersehbar von musik- und leseaffinen Menschen bewohnten Behausung ist die Vorbereitung auf die Fasnacht offensichtlich. Auf einem niedrigen Möbel stehen zwei Köpfe aus Pappmaché, der Esstisch ist belegt mit Halskrausen, Spitzenmanschetten, weiteren Larven, Taschen und blitzenden Blasinstrumenten mit Ventilen und Schalltrichtern sowie Vorrichtungen, diese mit Riemen und Schnallen so zu befestigen, dass man eine Nacht lang, ohne allzuviel zu leiden, in den Strassen Musik machen kann. Die alles andere als hünenhaft gebaute Elsbeth Rüedi hat ihr ursprüngliches Instrument, das Euphonium, dieses Jahr gegen ein kleineres und leichteres, das Es-Horn tauschen müssen. Wir witzeln, mit achtzig spiele sie dann wohl die Blockflöte.
Das BFO ist «etwas dazwischen»
Seit wann sie denn bei dem Basler Fasnachts-Orchester sei, will ich wissen. Die pensionierte Lehrerin, deren Hauptinstrument die Gitarre war, hat später mit dem Alphorn und schliesslich dem Euphonium ihre Lust auf Musikmachen ausgeweitet und, zum Glück, auch das Singen nie aufgegeben. Noch nicht ganz ein Jahrzehnt ist sie nun bei der schrägen Fasnachtsbanda: „Einer Freundin, die mit mir beim Currendesingen am Weihnachtsmorgen dabei war, erzählte ich von meinen Euphonium-Stunden. Sie brachte mich mit dem Leiter des BFO zusammen, der gleich begeistert war, ein neues Instrument aufzunehmen.“ Dani Ramsauer, Gründer, Leiter und Arrangeur der besonderen Soundmaschine schrieb von da an auch für Elsbeths Horn eine Stimme. „Er hat immer Wert darauf gelegt, dass das BFO keine Clique ist, keine Gugge, kein Verein, sondern ‚etwas dazwischen‘.“

 

Pause  vor der Beiz die Pauke, in der Beiz der Paukist mit allen anderen.

Dani, der umtriebige und angefressene Dirigent, der sich in einem Radiointerviewals Zirkusdirektor mit weissen Handschuhen, Frack und Zylinder beschrieb, ist nicht mehr, er starb an einer schweren Krankheit. „Im Orchester waren wir alle einig, auf jeden Fall weiter zu spielen, nur schon als Reverenz an Dani und sein Werk,“ erzählt sie weiter und im Tenorhornspieler Primo Gamma fand das BFO einen neuen, kompetenten Dirigenten und Komponisten.Er hat neue Stücke in Danis Vermächtnis intergriert und kennt sich als ehemaliger Musiklehrer mit allen Instrumenten bestens aus – ein Glücksfall nach dem traurigen Verlust.
Und noch mehr Glück: Ihren Ehemann lernte Elsbeth im Basler Fasnachts Orchester kennen, wo er als Trompeter schon länger dabei war. So besuchen sie nun gemeinsam die zweiwöchentlichen Proben und fiebern auf den Fasnachtszyschdig. Veränderungen gibt es immer wieder: Waren vor wenigen Jahren recht viele Piccolos dabei, sind es heute mehr Blech- und Holzblasinstrumente, verstärkt wurde auch die Abteilung Perkussion mit Pauke, Trommel und Lyra. Nachdem das BFO letztes Jahr von einer der ältesten Mitspielerinnen, der einen Akkordeonistin, Abschied nehmen musste, ist die grosse Handorgel weiter gut vertreten und für den Soundteppich zuständig.

 

Die Schlagwerker geben beim Ortswechsel den Rhythmus vor.

Auf die Frage, wie sie denn überhaupt aufs Euphonium gekommen sei, meint Elsbeth und ich staune:„Ich hatte den Ansatz vom Alphorn, das ich seit zwanzig Jahren spiele. Ich war Schülerin von Balthasar Streiff; da er damals oft auf Tournee war, gründeten wir eine Art Selbsthilfegruppe namens Alponom und übten selbständig weiter. Meistens als Frauentrio. Wir spielten an jeder Hundsverlochete, bei Eröffnungen und bei Preisverleihungen.“ Der Höhepunkt war eine der Versteigerungen des Basler Fotografen Onorio Mansutti zugunsten seiner Stiftung für brasilianische Strassenkinder im Atlantis: „Wir drei sassen auf der obersten Treppenstufe, die Alphörner reichten bis unten – und wir wurden dann auch prompt für einen Privatanlass ersteigert!“
Als Schnitzelbangg unterwegs

Die drey scheenschte Dääg hat Elsbeth lange Zeit nicht oder nur marginal erlebt. Sie empfand es als Brillenträgerin mühsam, unter einer Larve zu gässeln. Im Jahr 2006 versuchte sie nochmals einen Einstieg als Schnitzelbangg-Formation mit zwei Freunden. Als Die Regischtrierte zogen sie durch die Stadt und genossen diese neue Perspektive sehr. Leider machte eine akute Krankheit dem Spass und weiteren Fasnachtsplänen bald ein Ende.

 

Instrument, Notenbuch, ein LED-Lämpli für den späteren Abend. Wie alle Basler Aktiven sind auch die vom Fasnachtsorchester voll kostümiert.

Nun sei sie wieder gesund und seit 2011 beim Basler Fasnachts Orchester. Jährlich gebe es zwei bis drei neue Stückli zu üben. „Ewig wird es nicht weitergehen, aber der Zusammenhalt im BFO ist ganz toll, es ist eine so vielfältige und soziale Gruppierung, die unterschiedlichen musikalischen Niveaus finden immer wieder zueinander – das muss man geniessen, solange es geht! Nach jeder Probe zeigt sich das schon, wenn alle, die irgend können, gemeinsam in die Beiz gehen.“
Doch vorerst sind wir noch vor dem Zyschdig mit den Konzerten da und dort, den Ständchen an ruhigeren Ecken, wo die komplexen Arrangements und die Feinheiten der vielfältigen mitunter den Fasnachtsmainstream ironisierenden Kompositionen gut zu hören sind. Und Elsbeth wird das Repertoire nochmals kurz durchgehen mit dem zwar leichteren, aber ziemlich anders zu spielenden Verwandten des Euphoniums, ihrem neuen Es-Horn.

 

Alle Fotos: © Basler Fasnachtsorchester

Hier spielt das Basler Fasnachtsorchester am Fasnachtszyschdig, 12. März 2019:

16:00 SPALENBERGBRUNNEN
17:00 LEONHARDS-KIRCHPLATZ
18:00 GEMSBERGBRUNNEN
19:45 hinter der BARFI-KIRCHE
24:00 ANDREASPLATZ
01:30 hinter der HARMONIE

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